von
Amine Fehr
Teil
2: Gesundheitsvorsorge und alternativmedizinische Behandlung von Landschildkröten
Im
ersten Teil des Artikels wurde umfassend über die artgerechte Haltung Europäischer
Landschildkröten berichtet.
Neben einer kurzen Einführung in die „Biologe der Landschildkröten“, lag
der Schwerpunkt auf der Beschreibung einer
artgerechten Freianlage und einer
richtigen Überwinterung.
Im
zweiten Teil wird nun – vor allem anhand einiger
Fallbeispiele – auf die Möglichkeit der alternativmedizinischen
Behandlung eingegangen.
Unabhängig
vom Beschwerdebild, welches
der Halter mir gegenüber äußert, steht an erster Stelle ein allgemeiner
Untersuchungsgang.
Gibt es einen telefonischen Erstkontakt vor dem eigentlichen Termin, so sende
ich dem Halter einen Anamnesebogen,
den ich für Landschildkröten
entwickelt habe.
1.
Ist
der Panzer gleichmäßig und ohne Anomalien, oder gibt es Höcker,
Bissverletzungen oder Nekrosen?
Ist der Panzer artgemäß hart oder gibt es weiche Stellen (insbesondere am
Plastron)?
2.
Sind die Extremitäten
frei beweglich? Gibt es äußere Verletzungen? Gibt es Ektoparasiten? Sind die
Krallen unverletzt?
3.
Gibt es Auffälligkeiten
am Schwanz. Sind Kloakenverletzungen vorhanden?
4.
Gibt es äußere Auffälligkeiten
am Kopf? Bissverletzungen, Papageienschnabel?
5.
Sind die Augen geöffnet
und klar oder gibt es Schwellungen, Eintrübungen der Linse, Ausflüsse?
6.
Ist die Zunge artgemäß
rot und fleischig oder gibt es Belege, Bläschen oder Verfärbungen?
7.
Ist die Atmung
unauffällig
oder gibt es Atemgeräusche, insbesondere Pfeifen? Hat das Tier
Schluckbeschwerden?
8.
Abschließend stehen
einige Fragen an den Halter: Wie sieht der Kot aus? Gibt es Auffälligkeiten im
Verhalten?
Wie ist die Gruppenstruktur in der das Tier lebt? Wie sind die
Haltungsbedingungen (Freiland, Terrarium,
Beleuchtung usw.)?
Schließlich
kennen tatsächlich nicht alle Halter die spezifischen Art- und
Geschlechtermerkmale ihres Tieres und so
mancher Halter, der mit einer
“vermutlich weiblichen” Testudo hermanni boettgeri gekommen ist, geht mit
einer
männlichen Testudo hermanni hercegovinensis wieder nach Hause.
Kenntnisse
über Art und Geschlecht des Tieres sind die Voraussetzung für eine artgerechte
Haltung.
Zum
allgemeinen Untersuchungsgang kann eine Kotanalyse gehören. Neben einer möglicherweise
notwendigen
Laboruntersuchung führe ich im ersten Schritt eine makroskopische
Beurteilung mit Hilfe des Binokulars durch.
Hierbei lassen sich oft schon erste
Hinweise auf Art und Intensität eines möglichen Parasitenbefalls feststellen.
Empfohlen sei in diesem Zusammenhang das Werk von Jennemann
& Bidmon (2009).
Da
Schildkröten wechselwarme
Tiere sind, können die im Rahmen einer schulmedizinischen Behandlung
verabreichten
Medikamente andere Wirkungen und auch Nebenwirkungen haben, als
dies bei Säugetieren der Fall ist. Es gibt bis heute
keine spezifischen
Medikamente für Wechselwarme.
Die Verabreichung bzw. die Dosierung der Medikamente bei Schildkröten beruht
lediglich auf Versuchsdaten von
Medikamenten
deren Wirksamkeit an Säugetieren getestet worden ist. Aufgrund des
deutlich langsameren Stoffwechsels
kann es hier bei einer Überdosierung schnell
zu Vergiftungserscheinungen der Schildkröte kommen. Allein aus diesem
Grund ist
es sinnvoll, nach Alternativen in der Behandlung von Schildkröten zu suchen.
Vorab
sei gesagt, dass es sich bei Schildkröten in der Regel um vitale, robuste und
wenig krankheitsanfällige Tiere handelt,
die bei einer artgerechten Haltung
selten ernsthaft erkranken.
Die meisten Erkrankungen bei Landschildkröten lassen sich durch optimale Fütterungs-
und Haltungsbedingungen vermeiden
oder zumindest in ihrer Intensität
verringern. Leider wird dieses Thema sowohl in Zoogeschäften (hier oftmals
mangels Kenntnis)
als auch bei Tierärzten zu wenig (oder gar nicht)
angesprochen.
Häufig kommen Halter zu mir, denen in der tierärztlichen Praxis Vitamin- und
Mineralstoffpräparate empfohlen wurden mit dem
Hinweis, dass diese unbedingt nötig
für die Gesundheit des Tieres sind. Ich persönlich halte hiervon nicht viel.
Wird ein Tier
ausgewogen und fettarm ernährt, sollte ein Mangel an Vitaminen
oder Mineralstoffen nicht entstehen. Wer reicht in der
freien
Natur den Landschildkröten die Vitamin- und Mineralstoffpräparate?
Geht es dem Tier gut, hat es eine gesunde Farbe, frisst
gut und zeigt annähernd
natürliches Verhalten, gibt es keinen Grund, Zusatzstoffe zu verabreichen.
Sehr
beeindruckend war ein Fall in meiner Praxis, bei der mich eine Patientin um eine
Gesundheits- und Haltungsberatung für
ihre vier Landschildkröten bat. Sie war
von einem Zoofachgeschäft ausgestattet worden mit Vitamin- und Mineralstoffpräparaten
im Wert von über hundert Euro. Zusätzlich hatte man sie drauf hingewiesen,
dass es zur Pflege des Panzers unbedingt notwendig
sei, die Tiere täglich mit
Olivenöl einzureiben. Vor mir saß also eine stolze Besitzerin von vier
reichlich gesalbten, glänzenden
Schildkröten, die kaum in der Hand zu halten
waren. Die erste Handlung meinerseits war, alle diese Vitamin- und Mineralstoff-
präparate zu beseitigen und die Tiere von dem Olivenöl zu
befreien. Ich werde niemals den entsetzen Gesichtsausdruck der
Halterin
vergessen. Leider gibt es immer noch Schildkrötenliteratur auf dem Markt, die
eine Einreibung mit Olivenöl oder Babyöl
empfehlen (vgl. z.B. Jarofke
& Lange 1993).
Die
erste Handlung in Zusammenhang mit der Behandlung von Landschildkröten bestehen
daher meinerseits in der Regel in
einem aufklärenden Gespräch und mündet
nicht selten in einer ausführlichen Haltungs-, Ernährungs- und
Gesundheitsberatung bis
hin zur Betreuung beim Bau von artgerechten Freianlagen.
Ist
schließlich eine Behandlung einer Landschildkröte medizinisch notwendig,
arbeite ich vorwiegend mit Antihomotoxischen
Medikamenten bzw. homöopathischen
Einzelmittelgaben, ferner auch mit pflanzlichen oder tierischen Auszügen.
Beispiele hierfür gebe ich weiter unten.
Die
Antihomotoxische Medizin ist aus der Homöopathie hervorgegangen. Ihr Begründer
ist Dr. med. Hans-Heinrich Reckeweg
(1905-1985). In der Homotoxikologie wird
davon ausgegangen, dass Krankheiten Abwehrvorgänge des Körpers darstellen, um
schädliche Substanzen, Gifte, Krankheitserreger, schädliche
Stoffwechselprodukte usw. (Homotoxine) zu bekämpfen.
Im gesunden Zustand kann
der Organismus diese wieder ausscheiden oder neutralisieren. Krankheit entsteht
dann, wenn dies
aufgrund der Menge der Schadsubstanz oder der verloren
gegangenen Fähigkeit, die Homotoxine auszuscheiden, ein Übermaß
an
Schadstoffen entsteht und die körpereigene Abwehr nicht mehr in der Lage ist,
sich dagegen zu wehren. Der Krankheitsverlauf
wird in sechs Phasen eingeteilt.
Zwischen den einzelnen Phasen bestehen fließende Übergänge.
Phase
1 beschreibt die „normale Reaktion“ und wird als Exkretionsphase
(Ausscheidung) bezeichnet. Sie äußert sich z.B. in
Form von erhöhtem
Nasenausfluss, weichem Kot und vermehrter Urinausscheidung.
Die
Phase 2 ist die Inflammationsphase (Entzündung), in der sich eine
„gesteigerte Reaktion“ vollzieht. Sie äußert sich durch alle
Arten von
Entzündung, z.B. der Bronchien, der Blase oder des Magen/Darmbereiches.
In
Phase 3 vollzieht sich die „beginnende Speicherung“. Sie wird als
Depositionsphase (Ablagerung) bezeichnet. Dies kann sich
z.B. äußern durch
Warzen, Verstopfung, Nierensteine und chronische Bronchitis.
In
Phase 4 findet eine „endgültige Speicherung“ statt. Dies ist die Imprägnationsphase
(Zellerkrankung). Anzeichen sind etwa
Asthma, chronische Nierenerkrankungen und
Leberinsuffizienz.
Phase
5 beschreibt die „dauerhafte Schädigung“. Die Degenerationsphase
(Zellumbau) ist erreicht. Anzeichen sind schwere
Erkrankungen wie Leberzirrhose
und Lungenemphysem.
In
der Phase 6 findet die „unkontrollierte Veränderung“ statt. Sie wird als
Dedifferenzierungsphase (Zellentartung) bezeichnet.
Merkmale sind alle Arten von
Tumoren.
In
den Phasen 1-3 hat der Körper noch die Möglichkeit, mit Hilfe seiner
Selbstheilungskräfte zu gesunden und selbständig eine
adäquate
Heilungsreaktion hervorzurufen. In den Phasen 4-6 ist dies immer weniger möglich.
Die Grenzlinie zwischen Phase 3
und 4 beschreibt den Übergang des
Krankheitsgeschehens außerhalb und innerhalb der Zelle.
Man bezeichnet diese
als „biologischen Schnitt“.
Antihomotoxische
Arzneien sind zumeist homöopathische Komplexmittel. Natürlich kann man sich
vortrefflich darüber streiten,
ob man nicht nach der reinen Lehre Hahnemanns
ausschließlich mit homöopathischen Einzelmittelgaben arbeiten sollte.
An
diesem Streit will ich mich nicht beteiligen. Ich habe sehr gute Erfolge mit
dieser Methodik erzielt und schließlich zählt am
Ende nur die Gesundung des
tierischen Patienten, ganz nach dem Motto: „Wer heilt hat Recht.“ Wer sich
vertiefender mit der Antihomotoxischen Medizin beschäftigen möchte, dem seien
die Werke von Schmid et al. (1996) und Späth
et al. (2005)
empfohlen.
Im
folgenden möchte ich beispielhaft erläutern, dass Landschildkröten einer
alternativmedizinischen Behandlung ebenso
zugänglich sind wie Säugetiere, bei
denen dies mittlerweile selbstverständlich ist und mit großem Erfolg
praktiziert wird.
Augenerkrankungen
Augenerkrankungen
gehören zu den häufigsten Gründen, warum mich besorgte Halter aufsuchen.
Dabei möchte ich gleich
zu Beginn vorweg schicken, dass Augenerkrankungen in
sehr vielen Fällen gar nicht ursächlich mit einem Problem am oder
im Auge zu
tun haben. Augenerkrankungen sind vielmehr häufig Ausdruck einer tiefer
gelagerten Erkrankung oder stellen Sekundärerkrankungen dar.
Erst
vor kurzem suchte mich ein Halter mit seinen beiden drei Jahre alten Testudo hermanni boettgeri auf. Die Tiere,
insbesondere das
(deutlich) kleinere der beiden, zeigten dicke Schwellungen der Augen; bis hin
zum totalen Zuschwellen
eines Auges. Vor allem das kleinere und sehr viel
leichtere Tier (42 g gegenüber 110 g) reagiert etwas apathisch und wenig
vital.
Der Panzer ist arttypisch ausgehärtet und zeigt keine Anomalien; die Extremitäten
sind unverletzt, bei dem kleineren Tier
aber mit geringer Spannung. Das kleine
Tier frisst nach Auskunft des Halters nur unregelmäßig und wirkt seit Monaten
kränklich.
Hier
lag schnell der Schluss nahe, dass das „Gesamtsystem“ geschwächt ist und
die Augen in Folge dieser Schwächung in
Mitleidenschaft gezogen wurden, es sich
also eher um eine sekundäre Erkrankung handelt. In jedem Fall zeigte das vom
Tier-
arzt verordnete Antibiotikum (Floxal, Wirkstoff Ofloxacin), über Monate!
angewendet, keine dauerhafte Wirkung. „Freundlicher-
weise“ setzten beide
Tiere in den fast 2 Stunden, die der Halter mit seinen Tieren in meiner Praxis
verbrachte (und gleich eine
ausführliche Haltungsberatung bekam), Kot ab. Die
Kotprobe sowie ein Augenabstrich wurden ins Labor geschickt. Um das
Tier
unmittelbar zu stärken, verabreichte ich Engystol.
Dies aktiviert die körpereigene Abwehr (s.u.). Infolgedessen berichtete
mir der
Halter, dass das Tier bereits am nächsten Tag mit der Nahrungsaufnahme begann
und „endlich wieder normal fraß“.
Die Augeninfektion behandelte ich mit Echinacea comp..
Einige
Tage später lag der Bericht des Labors vor. Die Kotprobe ergab gemäß
Laborbefund einen massiven Befall mit Oxyuren
und Entamoeben, insbesondere des
kleinen Tieres. Ich empfahl in diesem Fall zusätzlich zu meiner Verordnung die
Anwendung
einer Wurmkur beim Tierarzt.
Der
Laborbefund des Augenabstrichs ergab Acinetobacter
calcoaceticus und Pseudomonas sp..
Diese Erreger kommen
durchaus auch bei gesunden Tieren vor (Kölle
2009). Pathogen werden sie erst bei einer massiven Schwächung des Immun-
systems,
was meist mit falschen Haltungsbedingungen zusammenhängt. Nach einer Woche
Anwendung des Echinacea comp.
in
Kombination mit Engystol und der
mittlerweile verabreichten Wurmkur, zeigte sich auch an den Augen eine deutliche
Verbesserung.
Geschwollene
Augen sind oft ein Hinweis auf systemische Erkrankungen. Foto: Kösterke.
Die
Augen einer gesunden Schildkröte sollten gleichgroß sein und klar. Das
bedeutet ohne Ausfluss, Rötungen oder Trübung der
Augenlinse. Wie das obige
Beispiel zeigt, sollte man immer
daran denken, dass Augenerkrankungen auf eine Grunderkrankung des
Tieres
hindeuten können. Hier habe ich die Erfahrung gemacht, dass es aufgrund von
falscher Haltung (insbesondere bei Terrarien-
haltung mit zuviel UV-Licht, Vitamin
A Überdosierung bzw. Mangel, falscher Bodengrund, Luftfeuchtigkeit zu gering)
zu Erkrankungen
des Auges kommt. Es gibt natürlich noch eine Vielzahl von
anderen Augenerkrankungen, die durch Bakterien, Pilze, Viren, Staub oder
Zugluft
ausgelöst werden können.
In
der Schulmedizin werden solche Augenerkrankungen
dann häufig mit antibiotikahaltigen oder
antimykotischen, kortisonhaltigen
Augentropfen
behandelt. Dabei ist die Behandlung von Augenerkrankungen mit kortisonhaltigen
Augensalben sehr gefährlich.
Kortison kann bei Reptilien zu einer
Hornhautulzera (Geschwür der Hornhaut des Auges) führen (Kölle
2009).
Naturheilkundlich
arbeite ich je nach Symptomatik bzw. Befund wie folgt:
- bei geröteten, brennenden,
juckenden, geschwollenen oder trockenem Auge sowie bei entzündlichen Ödemen
oder Wunden
der Lieder und Konjunktivitis setzte ich Euphrasia
bzw. Oculoheel ein.
- Insbesondere virusbedingte
Augenerkrankung behandle ich mit Engystol ad us. vet.
(Ampullen). Hierbei spüle ich das Auge nicht nur
aus, sondern verabreiche den
Tieren das Mittel noch zusätzlich oral.
Laut
„Therapeutischem Prinzip“ von Heel wird Engystol
zur Aktivierung der unspezifischen Abwehr, besonders bei Grippe und un-
klaren
fieberhaften Infekten, insbesondere bei Viruserkrankungen eingesetzt (Schmid
& Hamalcik 1996). Gemäß Hersteller (Heel)
konnte die Wirksamkeit in
zahlreichen Studien wissenschaftlich belegt werden. Es zeigte sich, dass Engystol
ad us. vet. seine
Wirkung durch eine Aktivierung von Granulozyten
und v.a Lymphozyten sowie eine Stimulierung des Interferon-Systems
entfaltet.
Die Indikationen dieser Studie beziehen sich zwar auf
Atemwegserkrankungen, virale Gastroentertitis sowie Stomatitis bei FeLV-
Infektionen (Dreismann 2009).
Die Erfahrungen in meiner Praxis zeigen mir aber, dass Engystol auch bei Landschildkröten sehr gut hilft.
-
Bei bakteriellen und
Pilzinfektionen des Auges hat es sich bewährt, das Auge des Tieres täglich
mit 1-5 Tropfen Echinacea
compositum ad
us. vet. zu spülen. Gemäß Hersteller konnte auch hier die Wirksamkeit
wissenschaftlich belegt werden.
Es zeigte sich, dass Echinacea
compositum ad us. vet. eine antibakterielle und antifugale Wirkung besitzt.
Es kommt zu einem „immunmodulatorischen Effekt auf die Zytokinexprimierung des
Entzündungsgeschehens sowie
zur Anregung der Selbstheilungskräfte“ (Zinke
2010).
Eine
der häufigsten Erkrankungen des Panzers sind Panzernekrosen. Diese werden in
der Regel durch Bakterien verursacht (sekundär
kann es auch zusätzlich noch zu
Pilzbefall kommen), die in Folge von mechanischen Verletzungen (Kämpfe, Bisse,
Aufreitverletzungen,
scharfkantige Gegenstände) in die Wunde eindringen.
In
der Schulmedizin werden Panzernekrosen häufig mit der Gabe eines
Breitbandantibiotikums (Panalog)
behandelt. Vorab muss der
befallene Bereich bis zum gesunden Gewebe abgeschabt
werden, was unter Umständen schmerzhaft ist, so dass zusätzlich Schmerz-
mittel
gegeben werden.
Naturheilkundlich
habe ich ausgezeichnete Erfahrungen mit Propolis
gemacht, nach vorhergehender Wundspülung mit Traumeel ad us.
vet.. Propolis
wirkt bekanntermaßen antibiotisch und antimykotisch und fördert die
Wundheilung (vgl. z.B. Teuscher
1997). Die von mir
so behandelten Panzernekrosen heilten in recht kurzer Zeit
aus und es kam zur Gewebeneubildung an den befallenen Stellen. Propolis
setze ich auch zur Wundbehandlung ein (s.u.).
In
der Praxis werden mir nicht selten Tiere mit mehr oder weniger starken
Panzerdeformationen und Höckerbildungen vorgestellt. Ursachen
sind ein übermäßig
schnelles oder unregelmäßiges Wachstum des Panzers bedingt durch eine
fehlerhafte Haltung mit zuviel Wärme, zu
geringer Luftfeuchtigkeit, falscher
Ernährung und fehlender Überwinterung. Diese Tiere sind nicht nur äußerlich
„unschön“. Die Panzerde-
formation wirkt häufig auch unmittelbar auf die
darunter liegenden Organe, die hierdurch geschädigt werden können.
Derartige
Deformationen sind nicht rückgängig zu machen, stellen aber die deutliche
Aufforderung dar, die Haltungsbedingungen nachhaltig
zu verbessern.
Wunden
können durch verschiedene äußere Einflüsse entstehen, z.B. infolge von Kämpfen
zwischen rivalisierenden Männchen,
durch Kloakenrisse während der Eiablage
oder durch Kloakenvorfälle. In allen Fällen ist im ersten Schritt eine
Desinfektion der
Wunde notwendig. Hierzu kann ein medizinisches
Wunddesinfektionsmittel verwendet werden wie Octenisept.
Die Weiterbe-
handlung ist abhängig von Art und Schwere der Verletzung.
Im
Rahmen eines Hausbesuches wurde mir eine sehr stark verletzte männliche Testudo
hermanni boettgeri vorgestellt, die zudem
unter einer starken Panzerdeformation
litt (siehe Abbildung).
Stark
verletzte Griechische Landschildkröte. Quelle: eig. Foto.
Das
verletzte Gewebe am und oberhalb des Schwanzes zeigte bereits nekrotische
Tendenzen und es bestand die Gefahr einer
Sepsis (Blutvergiftung). Nach
erfolgter umfassender Desinfektion wurde die Wunde mit Propolis
versorgt. Zur Vorbeugung einer
Sepsis setzte ich zudem Lachesis-Injeel
S ein. Lachesis findet homöopathisch
Anwendung u.a. bei Infektionskrankheiten und
septischen Prozessen. Es wurde oral
verabreicht.
Entscheidend
für die dauerhafte Genesung des Tieres war neben der Medikation die Änderung
der Haltungsbedingungen. Das
Tier befand sich innerhalb einer Gruppe mit
deutlichem Männchenüberschuss, die ständig um die wenigen Weibchen
konkurrierten
und sich andauernd bissen. Der Bodengrund des Geheges bestand
vorwiegend aus einer Wiese, die nach Regenfällen kaum
abtrocknete. Hier muss
sowohl die Gruppenstruktur geändert werden, als auch der Bodengrund. Bis dahin
verordnete ich dem
meist in Kämpfen unterlegenen Tier “Einzelhaltung”.
Auch
Kloakenrisse können unangenehme Wunden verursachen. Die nachfolgende Abbildung
zeigt einen deutlichen Riss in Folge
„übergroßer Eier“. Hier erfolgte
ebenfalls eine Behandlung mit einem Desinfektionsmittel und Propolis.
Die Wunde heilte sehr
schnell ab und das Tier legte im darauf folgenden Jahr
ohne Kloakenriss Eier.
Kloakenriss
bei einer weiblichen Testudo hermanni
hermanni. Quelle: eig. Foto.
Kloakenvorfälle
werden in der Schulmedizin meist reponiert. Anschließend wird der Vorfall mit
einer so genannten Tabaksbeutel-
naht verschlossen. Bei einem unserer Jungtiere
von Testudo hermanni hermanni setzte
ich mit schnellem Erfolg Ingwer ein,
in
dessen Sud ich das Tier badete. Ingwer wirkt entzündungshemmend und
abschwellend, so dass das Reponieren des Vorfalls
deutlich leichter fällt. Nach
einem Tag war vom Vorfall nichts mehr zu sehen.
Kloakenvorfall
bei einer jungen Testudo hermanni hermanni.
Quelle: eig. Foto.
Herpesinfektionen
haben bei Griechischen Landschildkröten oft dramatische und oft schnell zum Tod
führende Folgen. Maurische Landschild-
kröten zeigen hingegen oftmals keine
Symptome trotz Infektion. Bei Vergesellschaftung mit Griechischen Landschildkröten
können infizierte
„Mauren“ daher den Bestand an Griechischen Landschildkröten
dezimieren.
Einmal
mit Herpesviren infizierte Tiere können lebenslang Virusträger aber auch Virus
- Ausscheider sein. Deswegen sind solche Tiere sofort
von gesunden Tieren zu
trennen. In unserer Auffangstation, in die beschlagnahmte oder gefundene Tiere
in Abstimmung mit der
Unteren Landschaftsbehörde eingeliefert werden, werden
grundsätzlich alle Neuzugänge auf Herpesinfektion getestet und selbst bei
einem
negativen Ergebnis bleiben die Tiere für ca. 1 Jahr in Quarantäne, da
der Antikörpernachweis frühestens 4-6 Wochen nach Infektion, bei
manchen Tieren auch erst bis zu einem Jahr danach erfolgreich ist (Kölle 2009).
Es
gibt verschiedene Möglichkeiten eine Herpesinfektion nachzuweisen, nämlich mit
Hilfe des Antikörpernachweises im
Blut aus der
Schwanzvene (Vena coccygealis
dorsalis) oder mit einem Abstrich aus dem Rachen/Zunge.
Bei letzterem wird
mittels PCR (Polymerase-Kettenreaktion,
engl. Polymerase
Chain Reaction) der
Nachweis eosinophiler
Einschlusskörperchen durchgeführt.
In
der Literatur wird beschrieben, dass ein Abstrich zwecks PCR nur bei akuten
Infektionen mit klaren Merkmalen, insbesondere auf der
Zunge, Sinn macht (z.B. Rogner
2005). Ich hatte aber auch schon einen mittels PCR herpespositiv nachgewiesenen
Fall, bei dem
äußerlich kein Hinweis auf Herpes vorlag und keine Belege auf
der Zunge erkennbar waren. Das Tier starb dann tatsächlich binnen kurzer
Zeit.
Äußere
Anzeichen einer möglichen Herpesinfektion sind z.B. ein gelblicher Belag auf
der Zunge, Appetitlosigkeit, bis hin zur
völligen Nahrungsverweigerung,
Apathie, Atemnot, Schluckbeschwerden, Schleimausscheidungen aus Nase und Rachen,
Schlucklähmungen Bewusstlosigkeit und unnatürliche Bewegungen. Allerdings können
infizierte Schildkröten auch plötzlich sterben
ohne jemals Symptome gezeigt zu
haben, wie ich selbst erlebt habe (siehe auch Knon
2004).
Eine Herpesinfektion ist nicht heilbar. Man kann also nur versuchen,
symptomatisch zu behandeln.
Bei
dieser Schildkröte ist die Herpesinfektion offensichtlich. Foto: Kösterke.
In
der Schulmedizin werden Tiere mit einer Herpesinfektion oft mit einem
Virustatikum wie Aciclovir (Zovirax)
behandelt, welches die
Vermehrung von Viren hemmt. Der Nachteil dieser
Behandlung liegt darin, dass es über eine Magensonde gegeben werden muss.
Deswegen
empfehle ich den Besitzern bei einer bekannten oder möglichen Herpesinfektion
den Tieren L-Lysin zu verabreichen. L-Lysin
ist eine essentielle Aminosäure (kann vom Körper nicht selber hergestellt
werden). In der Humannmedizin wird L-Lysin
schon seit
geraumer Zeit erfolgreich zur Behandlung von Herpesinfektionen
eingesetzt.
L-Lysin ist als orale
Paste auch für Tiere erhältlich (Enisyl-F),
die häufig bei Herpesinfektionen von Katzen eingesetzt wird.
Die Paste ist aber
auch bei Schildkröten einsetzbar.
Zu
den häufigsten
Ernährungsfehlern gehört auch heute noch das Verfüttern proteinreicher
„Nahrung“ wie z.B. Hunde- oder Katzenfutter,
Mehlwürmer oder auch Fleisch.
Dadurch fallen große Mengen Harnsäure an, die zu Nierenschädigungen
(insbesondere bei zu geringer
Luftfeuchtigkeit und Flüssigkeitsmangel), Gicht
und Blasensteinen führen kann.
Nierensteine
einer Landschildkröte. Foto: Kösterke.
Häufig
höre ich in meiner Praxis auch, dass die Besitzer ihre Landschildkröte regelmäßig
mit Obst füttern. Der
Verzehr von zu viel Obst
führt
aufgrund des Fruchtzuckers oftmals zu Diarrhöe, die sich die Halter „gar
nicht erklären können“. Daneben werden handelsübliche
Futter gereicht.
Hierauf sollte ganz verzichtet werden. In vielen Fällen
hat dieses Futter einen zu hohen Proteinanteil und einen zu
niedrigen
Rohfaseranteil.
In
Sachen Ernährung muss man sich im Grunde genommen nur vor Augen führen, was
der Schildkröte in der freien Natur zur Verfügung
steht. Frei weidende
Landschildkröten ernähren sich zum aller überwiegendsten Teil von wild
wachsenden Kräutern und genau diese
sollte man den Tieren täglich zur Verfügung
stellen. Dass dabei die ein oder andere Schnecke mit verschluckt wird, gehört
dazu.
Ohnehin suchen Landschildkröten bei Bedarf in der Natur nach Schneckenhäusern
oder Tierknochen, die sie abweiden oder ganz fressen,
um ihren Calciumbedarf zu
decken. Abwechslungsreich mit wild wachsenden Kräutern gefütterte Landschildkröten
werden selten krank
und zeigen keinerlei Mangelerscheinungen. Die zusätzliche
Gabe von Vitamin- und Mineralstoffpräparaten ist im Regelfall völlig überflüssig.
Literaturverzeichnis
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Zinke, J (2010):
Behandlung bei Konjunktivitis und Bindehautreizung beim Tier. In: Biologische
Tiermedizin. Heft 1. Mai/Juni 2010.
Autorin
Amine
Fehr
Praxis für Alternative Tiermedizin
Wilhelmbusch 11
52223 Stolberg (Rhld.)
Tel.:
02402-1274998
Internet: www.tierheilpraxis-fehr.de
e-mail: info@tierheilpraxis-fehr.de
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